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Diagnosen - Schilddrüsenkarzinome - Therapie
 

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Therapie des Schilddrüsenkarzinoms

Wurde bei Ihnen die Diagnose Schilddrüsenkrebs gestellt, so sollten Sie mit Ihrem Arzt ausführlich über den Befund und die Prognose Ihrer Erkrankung sprechen. Lassen Sie sich die vorgesehenen Behandlungsschritte und eventuell vorhandene andere therapeutische Möglichkeiten genau erläutern. Wenn Sie etwas nicht verstanden haben, fragen Sie ruhig nach. In jedem Einzelfall müssen alle an der Behandlung beteiligten Ärzte gemeinsam mit dem Patienten die für ihn am besten geeignete Behandlungsstrategie festsetzen. Der informierte und aufgeklärte Patient, der versteht, was mit ihm geschieht, kann aktiv an seiner Genesung mitarbeiten.

Histologisch lassen sich verschiedene Formen von Schilddrüsenkrebs unterscheiden. Dies ist für den weiteren Verlauf und für die Wahl der Behandlungsform von Bedeutung. Man unterscheidet:

·         Follikuläres Karzinom und Papilläres Karzinom (80%)

·         Medulläres Karzinom (5%)

·         Undifferenziertes Karzinom (10%)

·         Andere Malignome (5%)

Beim follikulären Karzinom handelt es sich meist um einzelne Knoten, die häufig bei Patienten im Alter von ca. 50 Jahren auftreten und besonders in Kropfgebieten vorkommen. Das follikuläre Karzinom metastasiert auf dem Blutweg (hämatogen) und bildet bevorzugt Metastasen in Knochen und Lunge. Die Fünf-Jahres-Heilung, d.h. eine Rezidiv-freie Zeit von fünf Jahren, beträgt nach chirurgischer Behandlung 50-60 %.

Das papilläre Karzinom betrifft meist 30-40jährige Patienten. Häufig finden sich mehrere Herde in einem oder beiden Schilddrüsenlappen. Es metastasiert zunächst über die Lymphgefäße (lymphogen) in die umgebenden Lymphknoten, und erst spät kommt es zu hämatogenen Fernmetastasen. Die Prognose ist besonders günstig im jungen Alter, die Fünf-Jahres-Heilung beträgt im Durchschnitt bei chirurgischer Behandlung 60-80 %. Es treten gelegentlich auch Mischformen von papillären und follikulären Karzinomen auf, die wegen ihres biologischen Verhaltens jedoch dem papillären Karzinomtyp zugeordnet werden.

Das medulläre Karzinom (C-Zellkarzinom) ist selten. Es leitet sich von den Calcitonin produzierenden, nicht (radio-) jodaufnehmenden C-Zellen, die über die ganze Schilddrüse verteilt sind, ab. Medulläre Karzinome metastasieren häufig, teils schon sehr frühzeitig in die Lymphknoten des Halses, ggf. auch des oberen Brustkorbbereiches. Auch über den Blutweg können sich Metastasen entwickeln, bevorzugt in Leber, Lunge und Knochen. Die 5-Jahres-Heilung nach chirurgischer Behandlung beträgt 50-60 %, bei früherkannten Karzinomen, insbesondere beim familiären medullären Karzinom, und noch fehlender Metastasierung über 90 %. Medulläre Karzinome kommen sporadisch (ca. 70 %, keine Vererbung auf die Kinder) und familiär vor (ca. 30 %, Vererbung auf die Kinder bei etwa der Hälfte der Betroffenen).

Im Gegensatz zu sporadischen medullären Karzinomen, die meist nicht vor dem zweiten bzw. dritten Lebensjahrzehnt auftreten, können familiäre medulläre Karzinome schon vor dem 10. Lebensjahr, bei der besonders seltenen Form des familiären medullären Karzinoms (verbunden mit gutartigen Tumoren der Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes und einem besonderen Äußeren, dem „marfanoiden Habitus") auch schon in den ersten Lebensjahren auftreten. Der Früherkennung betroffener Familienmitglieder kommt daher eine besonders große Bedeutung zu. Bei sicher nachgewiesener Genveränderung (Mutation) könnten und sollten die Betroffenen, wenn möglich bereits im Kindesalter, zum Beispiel vor der Einschulung, spätestens bis zum 10. Lebensjahr operiert werden, um der Entwicklung eines medullären Karzinoms, das sich erst nach Durchlaufen von Vorstufen des Krebses ausbildet (C-Zell-Hyperplasie), zuvorzukommen. Bei dieser „prophylaktischen Thyreoidektomie" wird die gesamte Schilddrüse zusammen mit der ersten Lymphknotenstation entfernt.

Eltern, bei denen die Erkrankung bereits von einem Elternteil bekannt ist, sollten frühzeitig mit ihrem Hausarzt und dem Schilddrüsenzentrum, bei dem sie sich in Behandlung befinden, in Verbindung treten und eine genetische Untersuchung der Kinder veranlassen. Dies kann in den meisten Fällen zweifelsfrei klären, welches der Kinder Genträger (Vererbung des Gendefektes, der Mutation) ist und einer prophylaktischen Thyreoidektomie zugeführt werden sollte. In jedem Fall ist eine eingehende genetische Beratung in einem dafür speziell erfahrenen Zentrum erforderlich, damit sich die Eltern über die erforderlichen diagnostischen Maßnahmen informieren und bei ihren Kindern die bei Früherkennung und –behandlung nahezu 100 %ige Heilungschance des medullären Karzinoms wahrnehmen können.

Das undifferenzierte Karzinom tritt oft bei älteren Patientinnen auf. Sie bemerken meist eine schnell zunehmende Vergrößerung der Schilddrüse. Das undifferenzierte, auch anaplastisch genannte Karzinom schreitet sehr schnell fort, wächst invasiv in die Umgebung und bildet Metastasen in Leber, Lunge, Knochen und Gehirn. Die Prognose ist mit einer Fünf-Jahres-Heilung unter 10 % ungünstig.

Unter dem Begriff andere Malignome fasst man bösartige Tumoren zusammen, die nicht vom Schilddrüsenepithel ausgehen, wie z. B. die Lymphome und Sarkome. Die Therapie und Heilungschancen richten sich nach dem Ausgangstumor.

Unabhängig davon, um welche Art von Schilddrüsenkrebs es sich handelt: Das Hauptziel jeglicher Therapie ist es, den Tumor durch Operation vollständig zu entfernen. Als weitere Therapiemöglichkeiten stehen zur Verfügung:

·          Gabe von radioaktivem Jod

·           Bestrahlung

·          Chemotherapie

Klassifikation des Tumors

Ein wichtiges Kriterium bei der Wahl der für den Patienten am besten geeigneten Behandlungsmethode ist die Feststellung, wie weit sich der Krebs ausgebreitet hat. Fachleute verwenden dafür verschiedene Begriffe: Krebsklassifikation, Grading, Stadieneinteilung oder auch Staging. Die Einteilung erfolgt nach bestimmten Normen, für die hauptsächlich drei Gesichtspunkte maßgebend sind: T bedeutet Tumor, N bedeutet regionale Lymphknotenmetastasen, M steht für Fernmetastasen. Man verwendet deshalb auch den Begriff TNM-Klassifikation.

Die Begriffe zu T (Tumor) bedeuten:

T1 = Tumor 1 cm oder weniger, begrenzt auf die Schilddrüse

T2 = Tumor 1 bis 4 cm, begrenzt auf die Schilddrüse

T3 = Tumor größer als 4 cm, begrenzt auf die Schilddrüse

T4 = Tumor jeder Größe, Ausbreitung jenseits der Schilddrüse

Die Bezeichnungen zu N (Nodus = Knoten) lauten:

N1 = regionäre Lymphknotenmetastasen

N1a = Primärtumorseitig

N1b = bilateral, in der Mittellinie, kontralateral oder mediastinal

N2 = befallene Lymphknoten mit mehr als 3 cm Abstand zum Primärtumor

Für M (Metastasen) gelten folgende Unterbegriffe:

Mx = Vorhandensein oder Fehlen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden

M0 = kein klinischer Nachweis von Fernmetastasen

M1 = Fernmetastasen nachweisbar

Operation

Welche Operation für Sie in Frage kommt, richtet sich nach dem feingeweblichen Aufbau und der Tumorausdehnung. Bei einem kleinen papillären Karzinom (kleiner als 1 cm im Durchmesser) wird entweder nur der befallene Schilddrüsenlappen entfernt oder, bei Verdacht auf Befall auch des anderen Schilddrüsenlappens oder regionaler Lymphknoten, wie bei größeren papillären Karzinomen die gesamte Schilddrüse mit den umgebenden Lymphknoten. Auch beim follikulären, medullären und undifferenzierten Schilddrüsenkarzinom wird immer die gesamte Schilddrüse entfernt. Beim papillären und medullären Karzinom sind häufig die Lymphknoten im Halsbereich der betroffenen Schilddrüsenseite, manchmal auch beidseitig oder auch im oberen Brustkorbbereich befallen. Dann wird unter Umständen eine vollständige Ausräumung des gesamten Lymphknoten enthaltenden Fettbindegewebes im Halsbereich, gegebenenfalls auch im oberen Brustkorbbereich vorgenommen.

Da durch die Entfernung der Schilddrüse die körpereigene Produktion des Schilddrüsenhormons entfällt, müssen die Patienten diese lebenswichtigen Hormone auf Dauer in Tablettenform zu sich nehmen. Regelmäßige Kontrollen gewährleisten, dass Sie korrekt auf die Medikamente eingestellt sind und bleiben. Zum einen muss eine ausreichend hohe Dosis eingenommen werden, um eine Ausschüttung von TSH zu verhindern, denn diese könnte eventuell das noch vorhandene Schilddrüsengewebe zum Wachstum anregen. Zum anderen schränken zu hohe Dosen des Hormons das Wohlbefinden ein. Auch der Kalziumspiegel, der als Folge beider Schilddrüsenoperation mit entfernter Nebenschilddrüse erniedrigt sein kann, sollte kontrolliert und gegebenenfalls durch Gaben von Vitamin D und Kalzium korrigiert werden. Als weitere Nebenwirkungen können sich bei Schilddrüsenoperierten Beschwerden beim Sprechen und Heiserkeit als Folge einer Verletzung oder Funktionsstörung der Stimmbandnerven einstellen, die aber durch sprachtherapeutische (logopädische) Betreuung meist zu bessern sind, selten korrigierende Operationen erfordern.

Radiojodtherapie

Nur die radikale Entfernung des gesamten Schilddrüsengewebes schafft die Voraussetzung für eine gezielte Behandlung verbliebener Metastasen mit radioaktivem Jod, das von Metastasen des papillären und des follikulären Schilddrüsenkarzinoms häufig gespeichert wird. Speichert das Karzinomgewebe kein Jod, wie z.B. das von den C-Zellen abgeleitete medulläre Karzinom oder die undifferenzierten Schilddrüsenkarzinome, kann zur Metastasenbehandlung keine Radiojodtherapie durchgeführt werden.

Als Voraussetzung zur Durchführung der Radiojodtherapie dürfen während des etwa vierwöchigen Zeitraumes vor der Behandlung keine Schilddrüsenhormone eingenommen werden, da nur bei einem Schilddrüsenhormonmangel über den Regelkreis zur Hirnanhangdrüse (Hypophyse) durch Aktivierung des Schilddrüsen-stimulierenden Hormons (TSH) eine optimale Radiojodaufnahme in die Metastasen gewährleistet ist. Nach zwei bis drei Wochen des Fehlens von Schilddrüsenhormonen tritt als Zeichen der Schilddrüsenunterfunktion häufig eine verminderte Leistungsfähigkeit, Müdigkeit und möglicherweise geringe Gewichtszunahme auf. Diese Nebenwirkungen gehen vollständig zurück, wenn nach der Radiojodtherapie wieder Schilddrüsenhormone in der erforderlichen Dosis eingenommen werden.

Vier Wochen nach der vollständigen operativen Schilddrüsenentfernung wird erstmalig eine Radiojodtherapie durchgeführt. Diese dient der Beseitigung kleinster Schilddrüsenreste, die auch nach sorgfältiger totaler Thyreoidektomie meist nachweisbar sind. Erst dann ist eine ausreichende Anreicherung von Radiojod in speicherndem Tumorgewebe (Metastasen) möglich. Im weiteren Verlauf ist die Häufigkeit der Radiojoddiagnostik und gegebenenfalls auch -therapie vom Tumorstadium und dem Karzinomtyp abhängig. Bei günstigen Tumorformen (differenziertes Schilddrüsenkarzinom, frühes Tumorstadium) wird eine Radiojoddiagnostik nach der Ersttherapie im Abstand von drei und zwölf Monaten durchgeführt, dann erneut nach fünf Jahren. Bei ungünstigen Tumorformen erfolgt die Radiojoddiagnostik in der Regel in jährlichen Abständen. Bei Nachweis von speichernden Metastasen wird die Radiojodtherapie hinsichtlich der Dosis und Häufigkeit entsprechend der individuellen Befundsituation durchgeführt.

Zur Durchführung der Radiojoddiagnostik und -therapie bedarf es eines stationären Aufenthaltes von etwa zwei Wochen. Aus Strahlenschutzgründen muss die Radiojodtherapie unter abgeschlossenen Raumbedingungen stattfinden. Der Patient darf hierbei keinen Besuch erhalten, seinen persönlichen Bedarf jedoch für diese Zeit mitbringen. Das radioaktive Jod wird dem Patienten in Form von Kapseln verabreicht, die sich erst im Magen auflösen. Die Kapseln werden für den Patienten entsprechend der erforderlichen Dosierung zubereitet und sind so dem Bedarf angepasst.

Unter Umständen können durch die Radiojodbehandlung die Speicheldrüsen in Mitleidenschaft gezogen werden. Dies lässt sich aber weitgehend vermeiden durch reichliches Trinken und das Lutschen von sauren Bonbons.

Die Strahlenbelastung bei der Radiojoddiagnostik ist für den Gesamtkörper sehr gering und entspricht in ihrer Größenordnung einer normalen Röntgenaufnahme. Bei der Radiojodtherapie ist die Strahlenbelastung deutlich höher. Da jedoch der größte Teil des Radiojods von den Schilddrüsenmetastasen aufgenommen wird, bleibt eine Schädigung der übrigen Organe aus. Nach mehrfacher Radiojodtherapie mit einer sehr hohen Gesamtdosis können vermehrt Knochenmarkschädigungen auftreten. Dies wird jedoch während der Radiojodbehandlung sorgfältig kontrolliert und bei entsprechenden Blutbildveränderungen gegebenenfalls auf eine erneute Radiojodtherapie verzichtet.

Strahlentherapie

Die Bekämpfung eines Tumors mit Strahlen (= „Radiotherapie" oder „Radiatio") hat im Wesentlichen die Zerstörung der Geschwulst zum Ziel. Bestimmte Strahlen verursachen Schäden im Erbgut der Zellen. Krebszellen haben ein weniger gut funktionierendes Reparatursystem als normale Zellen. Deshalb können die Schäden, die durch die Bestrahlung angerichtet werden, schlechter behoben werden: Der Krebs stirbt ab.

Bei Schilddrüsenkrebs ist eine äußere Bestrahlung in der Regel nur dann erforderlich, wenn der Tumor nicht vollständig entfernt werden konnte oder wenn ein undifferenziertes Karzinom vorliegt. Die äußere Bestrahlung des Halses und oberen Brustkorbgebietes wird beim Schilddrüsenkarzinom über sechs Wochen ambulant durchgeführt. Die einzelnen Bestrahlungen erfolgen einmal täglich an fünf Tagen in der Woche, bei besonderen Formen des Schilddrüsenkarzinoms unter Umständen auch zweimal täglich. Unter der Bestrahlung können Nebenwirkungen auftreten, die vor allem die Schleimhäute im oberen Luftwegs- und Speisewegsbereich betreffen. Dies kann Beschwerden wie Heiserkeit, Halsschmerzen, Mundtrockenheit und Hustenreiz verursachen. Eine entsprechende medikamentöse Begleitbehandlung kann hier jedoch weitgehende Linderung erzielen. Durch Verbesserung der Bestrahlungstechniken konnten in den letzten Jahren vor allem die Dauerfolgen im Bestrahlungsgebiet (Trockenheit der Schleimhäute, Lymphschwellung) wesentlich vermindert werden.

Chemotherapie

Die Chemotherapie ist wie die Strahlentherapie deshalb erfolgreich, weil die verabreichten Medikamente (Zytostatika) Krebszellen eher angreifen als normales Gewebe. Es handelt sich um Zellgifte, die vor allem auf sich teilende Zellen wirken. Da Tumorzellen sich praktisch ständig vermehren, werden vor allem diese geschädigt. Aber auch normales Gewebe, das sich relativ oft erneuert, wird in Mitleidenschaft gezogen.

Eine Chemotherapie mit Zytostatika kann in seltenen Fällen bei fortschreitender Metastasierung versucht werden, wenn eine Radiojodtherapie oder äußere (externe) Bestrahlung nicht möglich beziehungsweise angezeigt ist. Durch diese Behandlung lassen sich zum Teil Remissionen erzielen. Typische Begleiterscheinungen einer Chemotherapie wie Übelkeit, Erbrechen und Haarausfall verschwinden wieder, wenn keine Zytostatika mehr verabreicht werden.

Bisher ist die Operation die aussichtsreichste Therapie. Die Radiojodtherapie ist eine zusätzliche hocheffektive Behandlungsmöglichkeit, vor allem bei differenzierten (follikulären und papillären) Karzinomen. Chemotherapie ist bei diesen Tumoren wenig wirksam.

 


 

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